Projektförderung | Design Thinking& Human Values 2013 in Barcelona

Kay NeumannNews

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Die HTW Berlin bietet schon seit einigen Jahren das englischsprachige AWE “Design Thinking& Human Values” an. Im Sommersemester 2013 haben wir die Studierenden der Projektgruppe von Daniela Marzavan unterstützt. Der Fokus lag hier auf “Transformation Design – How Global CrisisTriggeredCreativityandWhy Design Thinkers Are Needed More ThanEver”.

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So sieht ein typischer Design Thinking Cluster aus.

Einige Design Thinker konnten mit unserer Hilfe nach Barcelona fliegen und ihre während des Semesters entworfenen Prototypen mit Master-Studierenden an der Uni ELISAVA (Escola Superior de Disseny i Enginyeria de Barcelona) testen. Ihr lest nun ein Recap des Projektes.
Wenn ihr mehr über Transformation Design und Design Thinking allgemein wissen wollt, kuckt bitte hier rein. Mehr Infos zum Projekt und den erarbeiteten Prototypen findet ihr unter www.dt.htw-berlin.de!

Am Anfang des Semesters hatten wir alle eine vage Vorstellung davon, was es mit Design Thinking auf sich hat. Daniela Marzavan, seit mehreren Jahren Dozentin an der HTW Berlin und Mitinitiatorin des bethauses Berlin, brachte die Inhalte aber schnell auf einen Nenner. Wir bekamen den Brief präsentiert.
Im AWE sollten wir in drei Gruppen drei Krisen untersuchen, die jede auf ihre Art Bewegungen in der Gesellschaft ausgelöst hatten. Es sollte um Japan, Ägypten und SpaniengeheNach dem Erdbeben vor der Tohoku-Region am 11. März 2011, dem darauf folgenden Tsunami und der Reaktorkatastrophe in Fukushima bildeten sich Protestbewegungen gegen Nuklearenergie und für mehr Umweltschutz – zum ersten mal in der Geschichte Japans in diesem Umfang. Die Menschen fühlten sich von der Regierung und Tepco hintergangen und begannen, ihrem Unmut Luft zu machen. Außerdem nahmen die Menschen den Wiederaufbau selbst in die Hände. Ein Beispiel ist die Organisation All Hands volunteers: Sie halfen mit, die Straßen vom Schlamm zu befreien, Entwässerungskanäle zu bauen und beschädigte Häuser auszuräumen. Das soziale Engagement aller Japaner und vor allem der Communities wie All Hands’ Projekt hat uns alle sehr berührt.

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Ideen zum Arabischen Frühling – 1. Brainstorming.

Der Arabische Frühling begann im Dezember 2010 mit Protesten in Tunesien und schwappte auf zahlreiche Staaten im Norden Afrikas und im Nahen Osten über. Sie richteten und richten sich gegen autoritär herrschende Regime und fordern politische und soziale Veränderungen. Der Fokus für uns sollte auf dem Tahrir-Platz in Kairo liegen, wo sich seit dem 25. Januar 2011 Demonstranten für freie, demokratische Wahlen einsetzten und schließlich auch den seit Jahrzehnten herrschenden Präsidenten Hosni Mubarak zum Rücktritt brachten. Ende November 2012 wurde auch der demokratisch gewählte Präsident Mohammed Mursi vom Militär gestürzt und seitdem gehen die Proteste für und gegen die Regierung auf dem Tahrir-Platz weiter. Ein Beispiel für gemeinschaftliches Engagement hier ist icecairo. Das Coworking-Space will die Gemeinschaft mit Workshops und grünen Technologien bei Innovationen unterstützen.

In den Jahren 2011/2012 brodelte es auch in Spanien. Allerdings waren die Demonstrationen hier spontan und parteifern und richteten sich gegen soziale, wirtschaftliche und politische Missstände – die Indignados-Bewegung (a.k.a. Movimiento 15-M) war geboren. “¡Democracia real ya! – Echte Demokratie jetzt!” war auf zahlreichen Massendemonstrationen in Städten wie Barcelona und Madrid zu hören und Protestcamps sowie Solidaritätsdemonstrationen brachten das Thema auf die Medienagenda. Hier fokussierten wir den Plaça de Catalunya und Plaça de Sants, wo angeblich das am längsten bestehende Protestcamp schließlich aufgelöst wurde. Auch in Spanien beschäftigen sich das betahaus Barcelona und Wequestionour Projekt mit Innovationskultur, Partizipation und Co-Design als Gegenpol zum traditionellen Arbeiten.

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mit Innovationskultur, Partizipation und Co-Design als Gegenpol zum traditionellen Arbeiten.

Mit was hängt Korruption in Spanien noch zusammen?

Gemeinsamkeiten dieser drei Krisen war nicht nur die Unzufriedenheit mit der Landespolitik. Ihren Ursprung hatten die Initiativen außerhalb des Internets, später halfen bei der Organisation und Koordination soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook. Auch soziale Missstände und das Unvertrauten in die Politik spielten eine große Rolle – und der Geist des Arabischen Frühlings könnte auch in den eher ruhigen Ländern Europas zum Protest motiviert haben. Und dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Aber das sollten wir alles genauer herausfinden. Erst ging es mal darum, zu verstehen.
Ach ja, und das gesamte AWE fand in Englisch statt. Deswegen folgt nun ein Mix aus Deutsch und Englisch.

  1. Understandthebriefanditsenvironment

Hier konnten wir uns die im WiKo-Studium antainiertenRecherchekompetenzen zu Nutze machen. Wir sammelten die von Universitäten, zivilen Engagement-Blogs und Medienberichten vertretenen Standpunkte zu den jeweiligen Krisen.

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Der “Brief” als Prezi.

Tipps von Daniela:

√ Opennesstowardsotherpossiblephenomena: Wir sollten uns nicht nur auf “die Krise” fokussieren, sondern versuchen, auch hinter die Kulissen zu blicken. Was führte dazu? Was sagen Beteiligte dazu? Wie wird das Thema in den Medien portraitiert? Und wo liegen Unterschiede und Reibungspunkte?

√ Defeatbias: Die Themen sind sehr komplex. Deshalb kann niemand den Anspruch stellen, allumfassend und bis ins kleinste Detail alles zu beachten (das ist in den 2 SWS nicht möglich). Wir sollten uns bewusst machen, dass sowohl wir voreingenommen sind durch die Medienberichterstattung (da wir nicht vor Ort waren und auch nicht persönlich betroffen) und dass auch die Menschen, die wir interviewen sollten und die uns ihre Standpunkte verdeutlichten, immer subjektive Einflüsse berichten.

√ Dare tocontradictifyoucomeupwith a betterbrief: Hier wird zum Widerstand aufgerufen – dann nämlich, wenn wir ein anderes Problem als wichtiger erachteten, als das zur Lösung vorbestimmte Problem. Beim Verstehen wird in alle Richtungen ermittelt und da kann es sein, dass die Problemdefinition sich verschiebt.

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Im Seminar zu Gast: Salma Adel vom ICECairo.

  1. Observeandgo out there on the “field” to interview experts, analyzeandresearchgeneraltrendsandneeds – walk in theshoesofyouruser/customer

Nun ging es ans Eingemachte: Wir sollten richtige Interviews führen und heraus finden, was Betroffene, Engagierte und Protestmitglieder über die Krise und die daraus resultierenden Aktionen zu sagen hatten. Was wünschen sich die Menschen an Veränderung? Wie können diese Wünsche in z.B. fünf Jahren konkret aussehen? Was muss heute getan werden, um zu diesem Punkt zu gelangen? Wie lässt sich das mit bereits bestehenden Initiativen verbinden? Die fokussierte Krise sollte aus einer 360-Grad-Perspektive analysiert werden.
Hierzu legten wir eine Session zu qualitativer Forschung ein. Wir gingen auf Fragetechniken ein, darauf, wie Unbekannte angesprochen werden sollten und wie wir unser Material dokumentieren können.

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Interviews mit Betroffenen des Tsunami in Berlin

  1. Definetheuniquepointofviewofyour smart teamandgetreadyforconflicts

Die Gruppen sollten nun ihre Ergebnisse aus Recherche und Beobachtungen zusammenführen und einen Standpunkt der Gruppe erstellen. Wie sieht ein von der Krise betroffener, durchschnittlicher Mensch die Situation nach Meinung des Teams? Zum Schluss hatten wir verschiedene Personas und deren Werte definiert.

Tipps von Daniela:

√ Methoden die hier helfen sind Personaentwicklung, Storytelling und Rollenspiele.
√ Kill yourdarlings: Fail earlyandoften.

  1. Ideate in brainstormingsessionstocreateconcretescenarios, anticipate (don’tpredict) possiblefutureoutcomes, focus on quantity, thenselect

Mit Brainstormings haben wir Szenarien erarbeitet und Ideen verbildlicht, die im Laufe des Semesters immer mehr Form angenommen hatten. Wer kann die Situation wie konkret beeinflussen? Dazu gab es Input von Daniela zum Thema “Systems Thinking”: Was genaue sind Systeme, wie hängen sie voneinander ab und wie können sie analysiert werden? Wir sollten Grenzen und Berührungspunkte der verschiedenen Systeme finden.

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Auch in Wohnzimmern lässt sich’s gut brainstormen.

Unsere Szenarien basierten auf folgendem Gerüst:

º Understandyourpreferredlens / perspective (nolensisbetterthantheother)
º Clarifythequestionandapproachthe time horizon (e.g. 2030)
ºIdentifyand rankinfluentalfactors (certainanduncertain)
º Identifyandanalyzebasicdevelopmentalternatives
º Developscenario (plot, protagonists, relationship, title)
º Reflect, improve, discussanddrawconclusionsforaction

Tipps von Daniela:

√ Encourage wild ideas: Wilde Ideen können sehr innovativ im Kern sein. Alle Ideen sind erst einmal erlaubt und stehen nicht zur Debatte.
√ Deferjudgement: Weil die Diskussion und Auswahl im letzten Schritt erfolgt geht Quantität vor Qualität der Ideen.
√ Nohierarchiesandnoexperts: Jeder darf seine Ideen frei äußern und keiner gilt als Experte oder Wortführer. Die Gruppe arbeitet gemeinsam.

 

  1. Prototype andmaketheuserfeel, smell, comprehendandexperienceyoursolutionsandideas, therearenoconstraints: break boundariesandconventions

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Erstes externes Feedback gab es im d.collective Berlin.

Nun ging es daran, unsere Ideen greifbar werden zu lassen – ohne Einschränkungen. Wir konnten neben Papier, Gummibärchen, Flaschen, Pinseln, Stiften und was noch alles so verfügbar war unsere Idee als Modelle gestalten. Die Gruppen hatten dabei sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Zur Präsentation ging es ins d.collective in Neukölln, einem Co-Working Space das von unter anderem von Alumni der hpischoolof Design Thinking betrieben wird. Wir präsentierten dort unsere Szenerien und nutzten das Feedback zur Bearbeitung unserer Prototypen.

Die Japan-Gruppe erstellte dabei ein Comic, dass das Engagement japanischer Jugendlicher im Umweltsektor darstellt und sie zum Mitmachen animiert. Der Protagonist wird nach Österreich geschickt, um dort als Nuklearingenieur zu studieren. Seine Eltern haben nach der Reaktorkatastrophe ihr Restaurant schließen müssen. Im Café kommt er mit der Umweltbewegung in Berührung als Freunde ihm sagen, dass es in Österreich wegen starken Bürgerprotesten keine Kernkraftwerke gibt. Zurück in Japan beichtet er seinen Eltern, dass er keine Atomkraftwerke, sondern Kraftwerke für regenerative Energiegewinnung konzipieren wird. Die Eltern sind enttäuscht und er muss ihnen das Konzept nachhaltiger Energien erst erklären. Zum Schluss gibt es dann ein Happy End – das könnt ihr hier lesen.

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Eine kleine Vorschau eines Prototypen.

Für den Arabischen Frühling entwickelten wir ein Szenario um Frauen mehr am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen. Hier führte Arbeitslosigkeit unter den jungen Ägyptern, Korruption und Unterdrückung durch das Mubarak-Regime zum Erreichen der kritischen Masse. Obwohl Polizeigewalt in Ägypten kein Fremdwort ist, stellten sich vor allem mutige, junge und alte Frauen in eine Reihe mit den Demonstranten am Tahrir Platz. Leider wird durch sexuelle Belästigung und Gewalt immer noch versucht, Frauen aus der Bewegung raus zu halten. Kleinere Initiativen bildeten sich zwar, um ihnen Sicherheit zu bieten, dennoch können diese Anfeindungen als Spiegelbild der zumindest noch teilweise gelebten gesellschaftlichen Konventionen gelten.
Die Persona namens “Salma” ist eine junge Ägypterin, die gut ausgebildet ist und ihre Fähigkeiten in einem Start-Up Hub unter Beweis stellt. Wichtig hierbei ist die Verbindung von Tradition und Moderne – Salma trägt ihr Kopftuch mit Stolz, lässt sich aber nicht in traditionelle Rollenbilder zwängen. Sie will arbeiten und auch eine Familie haben, und dafür fordert sie die Unterstützung der Frauen und Männer.

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Ein erster Prototyp für Salma’s Community Projekt.

Die Spanien-Gruppe fokussierte sich auf das Thema Korruption im Kontext der Eurokrise und deren Effekt auf Spanien. Junge Spanier emigrierten in großen Mengen, es gibt fast keine Jobperspektiven bei ca. 25% Arbeitslosigkeit, die bei den unter 25-Jährigen nahezu doppelt so hoch liegt. Familienmitglieder des Königshauses waren der Korruption angeklagt, die Menschen protestierten und niedrige Gehälter sowie die Immobilienkrise trugen ihren Teil zur Lage Spaniens bei.
Nach vielen Interviews und weiterer Recherche kam das mangelnde Vertrauen der Menschen in Politiker zum Ausdruck, welche diese für korrupt hielten und nicht viel gegen die Probleme im Land unternahmen. Die Lage von Tanten, Onkeln, Cousins, Vätern und vielen Familienmitgliedern, die erst ein gutes Leben führen konnten und dann alles verloren hatten, veranlasste die jungen Spanier dazu, das Land zu verlassen – in nie zuvor gesehenen Dimensionen. Korruption spielte darin stets eine Rolle, auch in der Vetternwirtschaft der Bevölkerung. Deshalb sollte den Menschen geholfen werden, eine Veränderung zu gestalten und aus dem Korruptionskreislauf auszubrechen. Und so ist Pablo entstanden.

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Ein erster Protoyp der Eurokrise in Spanien.

Tipps von Daniela:

  • √ Useinexpensive, unsophisticatedmaterials – be quick anddirty: Ja, das taten wir gerne
  • √ Makeyourscenariosmultifaceted, believable, comprehensiveandneverrightorwrong: Unsere greifbaren Szenerien sollten vielseitig, glaubwürdig und umfangreich sein. Dabei galt der Grundsatz, dass sie weder richtig oder falsch sind. Sie sind eine schnelle und nicht perfekte Abbildung einer Idee.
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